Dr. Sylvia Lorenz
Klimaschutz, Umweltschutz, Naturschutz – was ist denn da der Unterschied? Was schütze ich da eigentlich? Einseitiges Denken mit Scheuklappen betrachtet nur einen einzelnen Aspekt, doch das große Ganze fehlt. So kann es vorkommen, dass Naturschützer gegen Umweltschützer demonstrieren.
Da steht Wasserkraft in meinen Ökostrom Portfolio, doch was ist mit den wandernden Fisch- und Insektenarten? Da will ich etwas für die Umwelt tun, indem ich mit erneuerbaren Energien das Klima schütze und schade gleichzeitig vielleicht der Artenvielfalt… Was ist das für ein Denken, wenn ein einzelner Aspekt gesehen wird oder gesehen werden will, anstatt das große Ganze zu betrachten?
Schönstatt 1×1
Pater Josef Kentenich prägt dafür zwei Ausdrücke, er redet vom mechanistischen Denken als Gegensatz zum organischen Denken. Ersteres sieht er als ein einseitiges und trennendes Denken an. Und er findet es in der Gesellschaft und in der Kirche in der Mitte des letzten Jahrhunderts an vielen Stellen.
Es ist ein „Denkschema, […], das zusammenhängende Lebensvorgänge auseinanderreißt und das Zusammenspiel von Gott und Welt, Natur und Gnade, Religion und Leben, Amt in der Kirche und Charisma, Glauben, Wissen und Lieben nicht genug beachtet.“ (zitiert aus: Mengedodt: „In seinem Herzen ein Feuer“, 1999) Es geht ihm um ein organisches und ganzheitliches Denken, dass die einzelnen Teilbereiche des Lebens miteinander verbindet und diese zugleich mit Gott in Verbindung bringt.
Schönstatt Spiritualität für den Alltag – die Schöpfung gehört dazu!
Was heißt organisches Denken, Lieben und Leben in der heutigen Zeit der Klimakrise und des Artensterbens? Vielleicht geht es darum, einmal innerlich zurück zu treten und den Blick zu weiten. Ein Thema von mehreren Blickwinkeln aus zu betrachten. Auch wenn die Vorgänge komplex und nicht in einer Minute zu beschreiben sind. Und dann diese unterschiedlichen Blickwinkel miteinander zu verbinden und dabei eine ganzheitliche Lösung zu finden.
Für das Wasserkraftbeispiel könnte das heißen, zu fragen, ob es dort auch eine funktionierende Fischtreppe gibt, ob immer genug Wasser im Fluss fließt, so dass er sich nicht zu sehr aufheizt, ob oberhalb und unterhalb genug Freiraum zum dynamischen und schlängelnden Fließen ist, ob…
Also nicht „nur“ Energie erzeugen zu wollen, sondern die gesamte Schöpfung mitzunehmen und das große Ganze im Blick zu haben.
Wie bewege ich mich – und die Bewegung?
Und die Schönstatt-Bewegung? Wie denken wir so, dass wir die Lebensbereiche untereinander und zugleich mit dem dreifaltigen Gott verknüpfen? Vielleicht können wir auch ab und zu ein wenig innerlich zurücktreten und mehr Aspekte betrachten, als wir auf den ersten Blick sehen.
Der erste Schritt beim Thema Energie ist, wie kann ich Energie sparen – privat oder in den Schönstatt-Zentren. Dann erst kommt der zweite Schritt, welche Energie nutze ich konkret? Sonnenenergie auf dem Dach? Holzpellet-Heizung? Doch auch da lohnt es sich, innerlich zurückzutreten und zu fragen, wo kommt denn das Holz her? Kann sichergestellt werden, dass das Holz nicht mit gefälschten Zertifikaten von illegalen Holzfällungen aus den letzten Urwäldern Europas kommt? Gibt es einen Lieferanten, der Durchforstungsholz aus heimischen Wäldern anbietet, kann ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen? Klimaschutz und Artenschutz ganzheitlich zusammen denken…
Gebet
Herr, du kennst meine Sympathie für einfache Lösungen.
Herr, schenke mir die Kraft, viele Aspekte in den Blick zu nehmen und dann erst zu entscheiden, auch wenn es erst mal anstrengend erscheint. Doch es lohnt sich für ein organisches Leben mit deiner Schöpfung.
Amen.